BFH verhandelt zu Goldfinger­modellen

06.02.2017

Goldfinger umschreibt seit vielen Jahren die Nutzung des Zusammenspiels von Einnahmeüberschussrechnung in einem gewerblichen Betrieb im Ausland und (negativen) Progressionsvorbehalt im Inland. Einer der Kernstreitpunkte zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen – die Frage der Gewerblichkeit des Goldhändlers – war bis jetzt höchstrichterlich noch ungeklärt. Zu zwei Fällen zu diesem Thema fanden nun am 19. Januar 2017 die mündlichen Verhandlungen vor dem BFH statt.

Hintergrund

Der Sachverhalt war in beiden Fällen ähnlich: Je eine englische General Partnership erwarb gegen Jahresende Gold und veräußerte dies im darauffolgenden Jahr. In beiden Fällen wurde der Erwerb des Goldes in großem Umfang bzw. ganz fremdfinanziert. Das Gold wurde jeweils bei der Bank der Klägerin ausgesondert und separat gelagert. Im ersten Fall (Vorinstanz: FG Münster 6 K 3045/11) erwarb die Klägerin selbst bei Ihrer Bank das Gold in eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Im zweiten Fall (Vorinstanz: FG München 7 K 1918/11) handelte sie dagegen im Wege des Kommissionsgeschäfts und wurde durch ihre Bank am Markt tätig. Das FG Münster ging von einer gewerblichen Tätigkeit aus, das FG München dagegen verneinte diese. Letzteres geschah unter Hinweis auf die vom BFH zum Wertpapierhandel entwickelten Grundsätze.

Äußerungen des BFH

Zur hier nur relevanten Frage der Gewerblichkeit bei Goldhändlern wies der Senat insbesondere auf die folgenden Aspekte hin: Zum einen habe keiner der Beteiligten zum Tatbestandsmerkmal „Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr“ vorgetragen. Dieses könne hier jedoch möglicherweise eine Rolle spielen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Grenze, wann eine vermögensverwaltende in eine gewerbliche Tätigkeit umschlage, sich im Laufe der Jahre und durch die Tätigkeit des Gesetzgebers zB bei Spekulationsgeschäften immer weiter verschoben habe. Ob für die Frage, wann ein Goldhändler gewerblich tätig sei, auf die Rechtsprechungsgrundsätze zum Wertpapierhandel oder auf die des gewerblichen Grundstückshandels Bezug genommen werden kann, sei fraglich. Ebenso sei fraglich, ob der IV. Senat mit den vom X. Senat entwickelten Kriterien zum Wertpapierhandel übereinstimme. Dagegen sei gut denkbar, dass für den eigenständigen und besonderen Markt des Goldhandels auch eigenständige Beurteilungskriterien zur Beurteilung dieser Frage heranzuziehen seien. Schließlich wies der Senat noch darauf hin, dass die Höhe der Einkünfte in beiden Fällen nicht diskutiert worden sei, gleiches gelte für den Punkt der „Liebhaberei“. Zudem sei im zweiten Fall die Frage zu stellen, ob es Folgen habe, dass die inländischen Beteiligten der Klägerin nicht beigeladen wurden.

 Ausblick

Es steht daher zu erwarten, dass die Frage der Gewerblichkeit bei Goldhändlern anhand noch vom BFH zu entwickelnder eigenständiger Kriterien beantwortet werden wird. Als mögliche Beurteilungskriterien für die Gewerblichkeit eines Goldhändlers könnten neben der Umschlagshäufigkeit des Goldes und der Dauer der Tätigkeit insgesamt auch weitere Punkte in Betracht kommen: Dies umfasst nicht nur die Einrichtung eines für den Goldhandel ausgestatteten Büros (zB Händlersoftware, tatsächliche Zugangsmöglichkeit für Geschäftspartner etc.), sondern auch die Beschäftigung entsprechend qualifizierten Personals (zB Beschäftigung von im Goldhandel erfahrenem Personen) und der Kreis der Geschäftspartner (zB neben Banken auch Produzenten oder sonstige Kunden/Lieferanten) etc. Ob bei einem (Gold-)Händler der Fremdkapitaleinsatz eine entscheidende Rolle spielt, erscheint jedenfalls dann fraglich, wenn die Hausbank als Verkäufer und Käufer des Goldes auch zugleich Fremdkapitalgeberin des Goldhändlers ist und damit alle Leistungen „aus einer Hand“ angeboten werden.

Entscheidend dürfte es zudem sein, dass die Frage der „Gewerblichkeit“ keine rein nationale ist, sondern elementare abkommensrechtliche Bezüge hat. Nach richtiger (und vom BFH geteilter) Auffassung ist daher der Begriff des „Unternehmens“ abkommensautonom auszulegen. Der Zuweisung des Besteuerungsrechtes an den Betriebsstättenstaat liegt dabei der Gedanke zugrunde, dass dieser aufgrund der Inanspruchnahme von öffentlichen Ressourcen gewerbliche Einkünfte (vorrangig) besteuern können soll. Für die Frage, ob ein Goldhändler mit seinen Einkünften in den Genuss der Betriebsstättenfreistellung (unter Progressionsvorbehalt) gelangt, sollte entscheidend sein, in welchem Umfange der Goldhändler im Betriebsstättenstaat eine unternehmerische Tätigkeit ausübt, sprich über Personal, Räumlichkeiten u.ä. verfügt und dadurch die öffentlichen Ressourcen des Betriebsstättenstaates (wie zB Infrastruktur, Sicherheit) in Anspruch nimmt. Auch die Intensität der Tätigkeit wird eine Rolle spielen sowie die Frage, über welchen Zeitraum die Tätigkeit angelegt ist. Weniger relevant dürfte demgegenüber sein, inwieweit der Handel für Dritte erfolgt. Man stelle sich nur vor, der Goldhändler verfügt über ein technisch vollwertig ausgestattetes Büro, einen qualifizierten Mitarbeiter u.ä., womit größere Mengen Gold überwiegend im eigenen Namen und für eigene Rechnung gekauft und verkauft werden. Im Ansässigkeitsstaat des Goldhändlers passiert hingegen nichts. Wem soll in diesem Fall das Besteuerungssubstrat richtigerweise zugeordnet werden? Es kann eigentlich nur eine Antwort geben: Dem Betriebsstättenstaat, weil dort – in der vorindustriellen Sprache formuliert – „die Schornsteine rauchen“. Vielleicht kann man die Überlegungen des IV. Senats in der mündlichen Verhandlung auch dahingehend verstehen, dass eine eigenständige (abkommensautonome) Auslegung erforderlich ist. Nur würde es dafür möglicherweise an der Zuständigkeit des IV. Senats fehlen, wie man sich ohnehin vor diesem Hintergrund ganz generell fragen kann, ob für die Frage der Gewerblichkeit nicht doch die Zuständigkeit des I. Senats begründet ist. Man wird es sehen.

Es bleibt damit – gerade im Hinblick auf die zahlreichen anhängigen Verfahren beim BFH, aber auch bei den Finanzgerichten spannend und die Rechtsprechungsverfolgung lohnenswert.