Ausschlussfrist bei Energiesteuer nicht unionskonform

20.12.2022 | FGS Blog

Der EuGH (C-553/21) hat die Ausschlussfrist für die Steuerentlastung bei der Energiesteuer nach § 54 Abs. 1 EnergieStG i.V.m. § 100 EnergieStV für nicht unionskonform erklärt. Hierdurch könnten sich große Veränderungen bei der Anmeldung der Steuerentlastung ergeben.

Ausgangslage

Die Antragstellerin (Shell) stellte nach Ablauf der Ausschlussfrist für das Streitjahr einen Antrag auf Steuerentlastung gemäß § 54 Abs. 1 EnergieStG. Der Antrag dürfte mit einer parallelen Außenprüfung für das Streitjahr zusammenhängen, die dazu führte, dass die Steuerfestsetzung noch änderbar war.

Es stand zwischen den Beteiligten fest, dass in Bezug auf den fraglichen Zeitraum alle Voraussetzungen für eine solche Steuerentlastung erfüllt waren, bis auf die Antragstellung innerhalb der in § 100 EnergieStV festgelegten Frist (31. Dezember des Folgejahres).

Der BFH legte dem EuGH die Frage vor, ob die zuständigen nationalen Behörden einen Antrag und Anspruch auf Steuerentlastung gemäß § 54 Abs. 1 EnergieStG allein wegen Nichteinhaltung der Frist nach § 100 Abs. 1 EnergieStV zurückweisen können, wenn der Antrag nach Ablauf der Frist für die Stellung eines solchen Antrags, aber innerhalb der – aufgrund einer beim Antragsteller begonnenen Außenprüfung gemäß § 171 Abs. 4 der Abgabenordnung in ihrem Ablauf gehemmten – Steuerfestsetzungsfrist eingeht.

Entscheidung des EuGH

Nunmehr hat der EuGH entschieden, dass der Effektivitätsgrundsatz und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts einer Regelung entgegenstehen, nach der die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats einen Antrag auf Steuerentlastung, der innerhalb des beschriebenen Zeitraums der Steuerfestsetzung gestellt wurde, automatisch und ausnahmslos ablehnen müssen, allein weil der Antragsteller die im nationalen Recht für eine solche Antragstellung festgelegte Frist nicht eingehalten hat.

Im Fall einer Außenprüfung läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind (§ 171 Abs. 4 AO). Andererseits sieht § 100 Abs. 1 EnergieStV eine Frist vor, die zwar gleich lang ist und zum selben Zeitpunkt zu laufen beginnt wie die Festsetzungsfrist. Der Ablauf der Antragstellungsfrist führt jedoch automatisch und ausnahmslos zur Ablehnung des Antrags, selbst wenn die Frist für die Festsetzung der Steuer wegen einer insoweit möglichen Aussetzung, Unterbrechung oder Verlängerung noch nicht abgelaufen ist.

Daher urteilte der EuGH, dass sowohl der Effektivitätsgrundsatz, als auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer solchen Regelung entgegenstehen.

Folgen für die Praxis

Häufig besteht das Problem, dass nicht genau feststeht, wer der Entlastungsberechtigte ist. Eine Absicherung ist nur unter erschwerten Bedingungen möglich.

Das EuGH-Urteil darf als Grundsatzurteil verstanden werden, das für die Steuerpflichtigen sehr hilfreich ist. Auch wenn die Folgeentscheidung des BFH abzuwarten ist, erscheint eine Anpassung des § 100 EnergieStV unvermeidlich. Steuerpflichtige, deren Erstattungsanträge auf Grund einer Verfristung Ablehnung erhielten, sollten prüfen inwieweit sie vom EuGH-Urteil profitieren können.