Nach § 90 Abs. 3 AO hat ein Steuerpflichtiger über seine grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen mit ihm nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 4 AStG eine Verrechnungspreisdokumentation zu erstellen. Zu unterscheiden ist dabei bislang zwischen der Stammdokumentation („Masterfile“) und der landesspezifischen, unternehmensbezogenen Dokumentation („Localfile“), bestehend aus Sachverhalts- und Angemessenheitsdokumentation.
Die Vorschriften zur Vorlage von Verrechnungspreisdokumentationen durch den Steuerpflichtigen wurden zuletzt deutlich verschärft. Für Wirtschaftsjahre, in denen Steuern nach dem 31.12.2024 entstehen oder in denen Steuern zwar vor dem 1.1.2025 entstehen, für die jedoch nach dem 31.12.2024 eine Prüfungsanordnung für eine Betriebsprüfung bekannt gegeben wird, sind die Verrechnungspreisdokumentationen nach aktueller Rechtslage ohne ausdrückliches Verlangen der Finanzverwaltung vorzulegen, sofern eine Betriebsprüfung durchgeführt wird. Die Frist für die Vorlage einer solchen Voll-Dokumentation beträgt 30 Tage nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung für die Betriebsprüfung (im Einzelnen zur verschärften Vorlagepflicht Bärsch/Hillers/Lackner, DStR 2022, 2032).
Einführung einer Transaktionsmatrix
Mit Datum vom 13.3.2024 hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf für ein Viertes Gesetz zur Entlastung von Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie („Viertes Bürokratieentlastungsgesetz“) veröffentlicht. Nunmehr hat jedoch der Rechtsausschuss des Bundestags am 25.9.2024 seine Beschlussempfehlung und seinen Bericht zum Regierungsentwurf des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes veröffentlicht, in welchen der Rechtsausschuss des Bundestags einige bedeutsame Änderungen in § 90 AO vorschlägt.
Danach soll der Inhalt des Localfiles um eine Übersicht über die Geschäftsvorfälle (Transaktionsmatrix) erweitert werden. Transaktionsmatrizen kommen nach derzeitiger Betriebsprüfungspraxis bereits teilweise zur Anwendung und sollen nunmehr fester Bestandteil der Verrechnungspreisdokumentation werden. In dieser Transaktionsmatrix sind anzugeben:
- der Gegenstand und die Art der Geschäftsvorfälle,
- die an den Geschäftsvorfällen Beteiligten unter Kennzeichnung von Leistungsempfänger und Leistungserbringer,
- das Volumen und das Entgelt der Geschäftsvorfälle,
- die vertragliche Grundlage,
- die angewandte Verrechnungspreismethode,
- die betroffenen Steuerhoheitsgebiete und
- ob Geschäftsvorfälle nicht der Regelbesteuerung im betreffenden Steuerhoheitsgebiet unterliegen.
Erleichterungen bei den Vorlagepflichten
Verrechnungspreisdokumentationen sollen nach der Empfehlung des Rechtsauschusses des Bundestags hingegen auch weiterhin erst auf spezifische Anfrage der Finanzverwaltung innerhalb von 30 Tagen vorlegt werden. Allerdings soll der Umfang der innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung für eine Betriebsprüfung unaufgefordert vorzulegenden Unterlagen auf (i) die Transaktionsmatrix, (ii) das gegebenenfalls zu erstellende Masterfile und (iii) die gegebenenfalls zu erstellenden Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle beschränkt werden. Ein darüber hinaus gehendes, vollumfängliches Localfile soll nicht mehr ohne gesondertes Verlangen vorlegt werden müssen.
Der Betriebsprüfung soll jedoch das Recht zustehen, die Vorlage weiterer Verrechnungspreisaufzeichnungen, wie z.B. die geschäftsvorfallbezogene Sachverhaltsdokumentation und Angemessenheitsdokumentation ausgewählter gewöhnlicher Geschäftsbeziehungen, innerhalb von 30 Tagen nach Aufforderung zu verlangen.
Die Änderungen des § 90 AO sollen ab dem 1.1.2025 Anwendung finden.
Ausblick
Sowohl die verbindliche Einführung der Transaktionsmatrix als auch die Beschränkung der unaufgefordert vorzulegenden Unterlagen sollen nach der Begründung des Rechtsausschusses des Bundestags eine risikoorientierte Verrechnungspreisprüfung und damit einen effektiveren und schnelleren Ablauf von Betriebsprüfungen fördern und zugleich zum Bürokratieabbau auf Seiten des Steuerpflichtigen beitragen. Dieser Ansatz ist zu begrüßen, wenngleich abzuwarten bleibt, ob die Empfehlungen des Rechtsausschusses tatsächlich Einzug in das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz finden werden. Grenzüberschreitend tätigen Steuerpflichtigen sind daher gut beraten, den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahren zu verfolgen.