International Tax Law / Transfer Pricing

Neue Rechtsprechung zur Anrechnung ausländischer Quellensteuern auf Lizenzgebühren

27.01.2023 | FGS Blog

Die Anrechnung ausländischer Quellensteuern auf die deutsche Einkommen- oder Körperschaftsteuer ist nicht unbegrenzt möglich. So wird die Anrechnung ausländischer Quellensteuern für Einkünfte aus Lizenzgebühren der Höhe nach durch einen zwingenden Betriebsausgabenabzug begrenzt. Mit der Reichweite dieser Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs in sachlicher und zeitlicher Hinsicht hatte sich der BFH im Rahmen des Verfahrens I R 14/19 zu befassen. Die am 26.1.2023 veröffentlichte Entscheidung erläutern wir im Folgenden.

Sachverhalt

Die Klägerin führte an ihrem deutschen Stammsitz mehrjährige F&E-Projekte durch und lizensierte deren Ergebnisse gegen ein Entgelt an ihre chinesische Tochtergesellschaft. Im Streitjahr 2011 erzielte die Klägerin Lizenzeinnahmen aus China für die Überlassung ausgewählter Entwicklungsergebnisse. Gleichzeitig entstanden ihr Betriebsausgaben aus anderen, bislang noch nicht abgeschlossenen F&E-Projekten. Letztere F&E-Projekte würden erst nach ihrem jeweiligen Abschluss in späteren Jahren zu Lizenzeinnahmen führen.

Die Lizenzzahlungen der chinesischen Tochtergesellschaften unterlagen einer chinesischen Quellensteuer von 15%. Diese Quellensteuer war nach dem DBA Deutschland-China dem Grunde nach auf die deutsche Körperschaftsteuer der Klägerin anzurechnen. Bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags zog die Klägerin nur solche Betriebsausgaben ab, die mit den erzielten Lizenzeinnahmen in (direktem) Zusammenhang standen. Die Betriebsausgaben für die noch nicht abgeschlossenen F&E-Projekte berücksichtigte sie nicht.

Das Finanzamt vertrat dagegen die Auffassung, dass sämtliche Betriebsausgaben, die einen Zusammenhang zu Lizenzeinkünften aufweisen, zu berücksichtigen seien. Dazu gehörten auch die Betriebsausgaben für noch nicht abgeschlossene F&E-Projekte, obwohl diese erst in der Zukunft zu Lizenzeinnahmen führen würden. Da diese Betriebsausgaben insgesamt die Summe der im Streitjahr vereinnahmten Lizenzeinnahmen überstiegen, hätte die Klägerin im Ergebnis gar keine chinesische Quellensteuer anrechnen dürfen.

Hiergegen klagte die Klägerin; das FG Münster entschied im Sinne der Klägerin. Gegen diese Entscheidung legte das Finanzamt Revision ein, über die der BFH mit dem nun veröffentlichten Urteil entschied.

Entscheidungsgründe

Für ausländische Lizenzeinkünfte ordnet § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG den Abzug von Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen, „die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen“, bei der Einkünfteermittlung an. Aus der Verwendung des Begriffs „Einnahmen“ schließt der BFH, dass es anstelle eines allgemeinen wirtschaftlichen Zusammenhangs mit einer Einkunftsart (hier: Lizenzeinkünfte) auf einen Zusammenhang mit konkreten Lizenzeinnahmen ankommt. M.a.W. müssen die Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Erzielung konkreter Lizenzeinnahmen (hier: für die einzelnen zur Nutzung überlassenen F&E-Ergebnisse) entstanden sein. Außerdem entnimmt der BFH dem Einnahmenbezug eine Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs in zeitlicher Hinsicht. Die Betriebsausgaben müssen in demselben Veranlagungszeitraum (hier: das Streitjahr) entstanden sein, in dem die Einnahmen erzielt wurden.

Da die Betriebsausgaben für noch laufende F&E-Projekte weder in sachlicher noch in zeitlicher Hinsicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den konkreten, im Streitjahr aus China erzielten Lizenzeinnahmen standen, waren sie folglich bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte nicht abzuziehen. Der Anrechnungshöchstbetrag wurde insoweit gerade nicht gemindert.

Einordnung und Ausblick

Aus Sicht international tätiger Unternehmen, insb. solcher, die aus dem Ausland und insb. außerhalb von Europa Lizenzeinnahmen erzielen und dort einer zunehmenden Quellenbesteuerung ausgesetzt sind, ist die Entscheidung zu begrüßen. Denn hierdurch kann sich ein deutliches „Mehr“ an anrechenbaren ausländischen Steuern ergeben und eine Doppelbesteuerung daher noch umfassender begrenzt bzw. ggf. sogar vermieden werden. Allerdings müssen Steuerpflichtige in der Kostenrechnung bzw. im Kostencontrolling auch die nötigen Voraussetzungen schaffen, um eine genaue Zuordnung von Betriebsausgaben zu Lizenzeinnahmen vornehmen zu können. Denn es muss überhaupt erst möglich sein, diejenigen Betriebsausgaben, die mit konkreten Einnahmen in Zusammenhang stehen, von den übrigen Betriebsausgaben zielgenau abzugrenzen.