Naturgemäß enthalten die Landesstiftungsgesetze keine näheren Vorgaben zur Ausgestaltung der Jahresabrechnung, der Vermögensübersicht und des Berichts über die Erfüllung des Stiftungszwecks. Schleswig-Holstein hat allerdings in § 8 Abs. 6 seines am 1. Juli 2023 in Kraft getretenen Landesstiftungsgesetzes (StiftG) vorgesehen, dass das Innenministerium „die mindestens zu erfüllenden Anforderungen“ dieser grundsätzlich von jeder Stiftung jährlich einzureichenden Unterlagen durch Rechtsverordnung regelt. Diese Landesverordnung (StiftGVO) wurde nun am 15. Juli 2024 erlassen – und hält einige Überraschungen bereit.
Vermögensübersicht
Die Vermögensübersicht soll über den im abgelaufenen Geschäftsjahr vorhandenen Bestand des gesamten Stiftungsvermögens Auskunft geben. Dabei ist zwischen dem „differenziert darzustellenden“ Grundstockvermögen und sonstigen Vermögen zu unterscheiden; dies kann sich allerdings nur auf den Eigenkapitalausweis und nicht um einen getrennten Ausweis der Aktiva beziehen. Einzeln darzustellen sind insbesondere die in diesem Zeitraum eingetretenen Veränderungen beim Grundstockvermögen, in den gebundenen und freien Rücklagen, bei den Verbindlichkeiten sowie beim Mittelvortrag. So weit, so gut.
Dann lässt sich der Verordnungsgeber jedoch zu einer erstaunlichen Aussage herab: Der Werterhalt des Grundstockvermögens berechnet sich „nach dem Nominalprinzip und nicht nach dem Realprinzip“. Diese Regelung ist nicht nur von der im StiftG enthaltenen Ermächtigung nicht gedeckt. Sie widerspricht auch der bundesgesetzlichen Regelung in § 83c Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach das Grundstockvermögen lediglich „ungeschmälert zu erhalten“ ist. Damit schreibt das BGB gerade keine bestimmte Form der Kapitalerhaltung vor. Hierfür ist der bei der Errichtung der Stiftung zum Ausdruck gekommene Wille des Stifters maßgeblich. Nach ganz überwiegender Auffassung sind die Anforderungen an die Vermögensverwaltung abhängig vom Zweck der Stiftung, von der Art und dem Umfang des Grundstockvermögens sowie von der konkreten Nutzung des Grundstockvermögens für den Stiftungszweck. Dementsprechend hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung explizit klargestellt, dass nicht einfach geregelt werden könne, dass das Grundstockvermögen zu seinem nominalen oder realen Wert zu erhalten ist. Schleswig-Holstein weiß es nun aber besser und ordnet Nominalwerterhaltung an, unabhängig davon, ob in der Stiftungssatzung ein gegenständlicher oder ein Realwerterhalt angeordnet ist. Warum?
Einnahmen-Überschuss-Rechnung
Weiter wird festgelegt, dass in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) sämtliche Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt werden, woraus der Gewinn oder der Verlust ersichtlich wird. Dadurch findet allerdings eine Vermischung der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) mit der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (EAR) statt, wobei die GuV als alternative Form explizit genannt wird. Unklar ist somit, ob eine EAR als Darstellung der reinen Zu- und Abflüsse an Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten nach der Verordnung erlaubt ist oder nur die EÜR in Anlehnung an § 4 Abs. 3 EStG.
Im Übrigen bestimmt die Verordnung, dass die Verwaltungs- und Geschäftskosten einer Stiftung (insbes. Portokosten, Telefonkosten, Depotkosten, Entschädigung der Organmitglieder, Versicherungskosten, Büromaterial, Reisekosten) separat auszuweisen und einzeln aufzuführen sind, unabhängig von ihrer Höhe und Bedeutung für die Stiftung. Diese überzogene Regulierung wird in der Praxis zu einer unübersichtlichen Darstellung der GuV bzw. EÜR führen.
Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks
Der Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks soll eine detaillierte Darstellung der Tätigkeit der Stiftung im abgelaufenen Geschäftsjahr geben. Darin sollen insbesondere Ausführungen zu allen von der Stiftung satzungsgemäß zu verwirklichenden Stiftungszwecken enthalten sein. Alle (!) geförderten Maßnahmen oder durchgeführten Projekte sind mit den jeweiligen Beträgen und Zahlungsempfängern aufzuführen – unabhängig von ihrer Bedeutung und betragsmäßigen Höhe.
Damit verbietet die Landesverordnung die in der Praxis übliche – und dem Rechnungslegungsstandard für Stiftungen IDW ERS HFA 5 n.F. entsprechenden – Zusammenfassung von für die Stiftung untergeordneten Projekten, ohne in diesen Projekten jeden einzelnen Zahlungsempfänger einzeln aufzuführen. Bei einer Vielzahl von Zahlungsempfängern führt dies zu einem unübersichtlichen Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks und einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Stiftung.
Fazit
Die neue StiftGVO des Landes Schleswig-Holstein, die erstmals auf Jahresabrechnungen für das Geschäftsjahr 2024 anzuwenden ist, führt nicht nur zu einem unverhältnismäßigen Aufwand für viele Stiftungen, sondern sie schießt auch übers Ziel hinaus. Im Zusammenhang mit der im StiftG geregelten Verpflichtung zur Vorlage eines testierten Prüfberichtes bei einem Grundstockvermögen der Stiftung von mindestens 2 Mio. EUR und bestimmten Anzeigepflichten wird das Land Schleswig-Holstein stiftungsrechtlich äußerst unattraktiv, sowohl für gemeinnützige als auch für privatnützige Stiftungen.
Die übrigen Bundesländer sollten sich nicht an den unverhältnismäßigen und zum Teil schlichtweg rechtswidrigen Vorgaben des Landes Schleswig-Holstein orientieren, sondern die bundesgesetzlichen Regelungen beachten und bei ihrer Rechtsaufsicht stets Zweckmäßigkeitserwägungen und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Auge behalten.