Das Thema Verrechnungspreise rückt insbesondere in Betriebsprüfungen immer mehr in den Fokus in- und ausländischer Finanzbehörden und Finanzgerichte. Vor diesem Hintergrund lohnt der Blick auf die internationale Rechtsprechung. In diesem Rückblick finden Sie einen Überblick über ausgewählte Rechtsprechung vom Januar 2024.
Frankreich: Berufungsgericht Lyon v. 11.1.2024 in der Rs. Alchimedics SASU
Streitfall: (Keine) Erbringung von verrechenbaren Dienstleistungen
Die Alchimedics SASU (Klägerin) ist seit 2012 Tochtergesellschaft der chinesischen Sinomed Holding Ltd. 2007 veräußerte die Klägerin ihre Patente an die Sinomed Holding Ltd. u.a. Die Alchimedics SASU blieb weiter für die Aufrechterhaltung des Patentschutzes und die übrige Verwaltung der Patente zuständig und stellte hierfür dem chinesischen Erwerber der Patente kein Leistungsentgelt in Rechnung. Über die Streitjahre erwirtschaftete die Klägerin lediglich Verluste. Die Finanzbehörden korrigierten die Einkünfte der Alchimedics SASU.
Berufungsgericht urteilt zugunsten des Steuerpflichtigen
Das Berufungsgericht urteilte zugunsten von Alchimedics SASU und entschied gegen die Einkünftekorrekturen der Finanzbehörden. Die Klägerin ist nach Ansicht des Berufungsgerichts aufgrund ihrer vormaligen Eigentümerstellung hinsichtlich der später veräußerten Patente grundsätzlich nicht verpflichtet gewesen, ein Dienstleistungsentgelt für den rechtlichen Schutz und die Verwaltung der Patente abzurechnen. Die Finanzbehörden konnten auch nicht konkret nachweisen, dass ausländischen verbundenen Unternehmen ein nicht fremdüblicher Vorteil gewährt wurde. Alleine aus der Verlustsituation der Alchimedics SASU kann jedenfalls nicht darauf geschlossen werden, dass die Dienstleistung unter Wert erbracht wird.
Frankreich: Berufungsgericht Paris v. 12.1.2024 in der Rs. Itron France SAS
Streitfall: (Keine) Anwendung eines Profit Splits
Zwischen der Itron France SAS (Klägerin) und den Finanzbehörden war streitig, ob die von der Klägerin bei der Verrechnung von Warenlieferungen berücksichtigte Gewinnmarge zu niedrig war. Die Klägerin berechnete ihre Marge mittels der Kostenaufschlagsmethode und setzte einen Gewinnaufschlag zwischen 14 % und 35 % an. Nach Ansicht der Finanzbehörden wären jedoch Gewinnmargen um die 50 % fremdüblich gewesen. Um diesen Zielwert zu erreichen, müsse die Gewinnaufteilungsmethode angewendet werden, auf deren Basis entsprechende Einkünftekorrekturen festgesetzt wurden.
Berufungsgericht urteilt zugunsten des Steuerpflichtigen
Der von den Finanzbehörden angerufene Court Administrative d’Appel schloss sich der Vorinstanz zugunsten des Steuerpflichtigen an. Die Finanzbehörden stellten zu Unrecht die Bruttogewinnmargen von Vertriebsgesellschaften den Nettogewinnmargen der Hersteller gegenüber. Daher haben die Finanzbehörden auch nicht aufzeigen können, dass die unter Anwendung der Kostenaufschlagsmethode erzielte Nettogewinnmarge der Klägerin tatsächlich niedriger gewesen ist als die unter einer hypothetisch angewendeten Gewinnaufteilungsmethode potenziell erzielte Nettogewinnmarge. Das Berufungsgericht stellte darüber hinaus klar, dass die Verrechnungspreise des Steuerpflichtigen nicht zwangsläufig angepasst werden müssten, wenn eine Abweichung von der „Zielmarge“ den Finanzbehörden vorliege. Denn der Argumentation der Klägerin nach hätten die Finanzbehörden gar keine Verrechnungspreisstudie vorgelegt, die die tatsächlich erzielten Gewinnmargen als fremdunüblich niedrig erscheinen lässt. Das Gericht stimmte dem zu. Zudem ist der Umstand, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für Verrechnungspreise keine regelmäßigen Überprüfungen und ggf. Anpassungen der Gewinnmargen vorsehen, für sich genommen kein Argument für eine Einkünftekorrektur.
Italien: Oberster Gerichtshof v. 12.1.2024 in der Rs. Terex Italia
Streitfall: Wahl der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode (TNMM)
Die italienische Terex Italia s.r.l. (Klägerin) ist ein Maschinenbauunternehmen, deren italienische Tochter-Organgesellschaft Terexlift srl (Steuerpflichtiger) Maschinen an eine britische Konzernvertriebsgesellschaft verkaufte. Die britische Vertriebsgesellschaft wurde hierfür auf Basis der TNMM-Methode vergütet. In den Streitjahren 2009 und 2010 erteilte der Steuerpflichtige eine Gutschrift zu Gunsten der britischen Gesellschaft im Wege einer Jahresendanpassung. Unter Berücksichtigung dieser Jahresendanpassung hat der Steuerpflichtige die Maschinen zu einem Verrechnungspreis unter deren Selbstkosten an die britische Konzernvertriebsgesellschaft verkauft.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung erklärten die Finanzbehörden, dass die Anwendung der TNMM ungeeignet sei und ermittelten auf Basis der Preisvergleichsmethode höhere Lieferpreise bzw. Einkünfte für die Terexlift srl, obwohl die TNMM-Methode in den Vorjahren noch anerkannt worden war und zu Jahresendanpassungen zu Lasten des Steuerpflichtigen geführt hatte.
Oberster Gerichtshof urteilt zugunsten des Steuerpflichtigen
Der oberste italienische Gerichtshof entschied zu Gunsten der Klägerin, wonach die Finanzbehörden zu Unrecht die Anwendbarkeit der TNMM-Methode und die daraus folgenden Jahresendanpassungen abgelehnt hatten. Denn dies hätte gegen den Grundsatz der Kontinuitätsgewähr geführt. Außerdem sind die Finanzbehörden nicht ausreichend ihrer Beweislast durch Prüfung der vom Steuerpflichtigen vorgelegten Datenbankstudie nachgekommen.
Fazit
Die in diesem Blog-Beitrag diskutierte internationale Rechtsprechung zu Verrechnungspreisen lässt Streitthemen zur Verrechenbarkeit von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Patentverwaltung, zum Nachweis fremdunüblicher Gewinnmargen und zur Wahl geeigneter Verrechnungspreismethoden erkennen.
Sprechen Sie gerne den Autor oder Ihre gewohnten FGS-Kontakte an, wenn Sie die in diesem Blog-Beitrag diskutierte internationale Rechtsprechung zu Verrechnungspreisen ausführlicher erörtern möchten.