BMF zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Tankkartenumsätzen

11.02.2025 | FGS Blog

Bei der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Umsätzen im Tankkartengeschäft stellte sich spätestens nach einer Entscheidung des EuGH aus dem Jahre 2019 stets die Frage, ob es sich um eine in der Reihe erfolgende Lieferung des Kraftstoffs handelt oder nicht vielmehr eine bloße Finanzierungsvereinbarung über den Kraftstoff getroffen wird. Das BMF hat nun mit Schreiben vom 21. Januar 2025 die bereits vor knapp sechs Jahren vom EuGH in der Rechtssache Vega International vorgegebenen Grundsätze in die Verwaltungsanweisungen übernommen.

Danach sollen die für die Bewertung von Tankkartenvereinbarungen zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer aufgestellten Verwaltungsvorgaben nunmehr für alle offenen Fälle der Ausgabe von Tankkarten gelten. Diese Kriterien zur Abgrenzung von Reihengeschäften und Finanzdienstleistungen im Kfz-Leasingbereich hatte das BMF zuvor – basierend auf dem EuGH-Urteil Auto Lease Holland – bereits mit Schreiben vom 15. Juni 2004 aufgestellt.

EuGH-Urteil Auto Lease Holland vom 6. Februar 2003

In der Rechtssache Auto Lease Holland hatte ein Kfz-Leasingnehmer aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Leasinggeber das Recht, im Namen und für Rechnung des Leasinggebers Kraftstoff zu tanken. Zu diesem Zweck erhielt der Leasingnehmer eine Tankkreditkarte, für deren Abrechnung der Leasinggeber aufkam. Der Leasingnehmer hingegen zahlte zunächst monatlich ein Zwölftel seines voraussichtlichen jährlichen Bedarfs an den Leasinggeber. Eine Abrechnung des tatsächlichen Bedarfs erfolgte gemeinsam mit einer Gebühr für die Kraftstoffverwaltung am Jahresende.

Der EuGH lehnte in diesem Fall das Vorliegen einer Lieferung von Kraftstoff durch die Mineralölgesellschaften an das Leasingunternehmen und von diesem an den Leasingnehmer ab. So habe nicht der Leasinggeber, sondern ausschließlich und unmittelbar der Leasingnehmer die Verfügungsgewalt über den Kraftstoff erhalten. Der Leasinggeber habe hingegen zu keiner Zeit darüber entscheiden können, wie und wozu der Kraftstoff verwendet werden sollte. Auch habe der Leasinggeber durch die monatlichen Raten einen Vorschuss vom Leasingnehmer erhalten, welcher zum Jahresende nach der Abrechnung des tatsächlichen Verbrauchs die Kosten für den Kraftstoff schließlich in voller Höhe getragen habe. Die Vereinbarung über die Kraftstoffverwaltung sei daher als Finanzierungsvertrag zwischen Leasingnehmer und Leasinggeber anzusehen, wobei letzterer als Kreditgeber fungiert habe.

EuGH-Urteil Vega International vom 15. Mai 2019

In der Rechtssache Vega International, die dem neuen BMF-Schreiben zugrunde liegt, hatte eine Muttergesellschaft den Mitarbeitenden ihrer Tochtergesellschaft, welche Fahrzeuge vom Werk zum jeweiligen Kunden überführten, Tankkarten zur Verfügung gestellt. Die Höhe der Tankkosten wurde den Tochtergesellschaften später mit einer Gebühr von 2 % in Rechnung gestellt. Auch hier waren die Beteiligten zunächst davon ausgegangen, dass auf jeder Abrechnungsstufe (Mineralölgesellschaft an Vega International und Vega International an die lokale Tochtergesellschaft z. B. Vega Poland) der Kraftstoff geliefert wurde und dem Empfänger ein Vorsteuerabzug zustand.

Der EuGH entschied jedoch, dass keine Lieferkette, sondern vielmehr Dienstleistungen der Muttergesellschaft in Form von Kreditgewährungen an ihre Tochtergesellschaften vorlagen. Die Grundsätze des Urteils Auto Lease Holland seien übertragbar. Die Muttergesellschaft habe keine Verfügungsmacht über den Kraftstoff erhalten. Vielmehr sei dieser nach eigenem Ermessen von den Tochtergesellschaften erworben worden, wobei diese auch über die genauen Modalitäten des Kaufs entschieden haben. Zudem trugen die Tochtergesellschaften letztlich auch die Kosten für den Kauf.

BMF-Schreiben vom 15. Juni 2004 und 21. Januar 2025

Die in Anlehnung an das Urteil Auto Lease Holland festgelegten und im Anschluss an die Rechtssache Vega International nun auf sämtliche Umsätze im Tankkartengeschäft anwendbaren Grundsätze der Finanzverwaltung lauten daher wie folgt:

Ein Reihengeschäft von Kraftstofflieferungen von der Mineralölgesellschaft an den Aussteller der Tankkarte und von diesem an den Verwender der Tankkarte, d. h. denjenigen, der tatsächlich tankt, ist nur unter bestimmten Voraussetzungen anzunehmen. Hierfür darf insbesondere keine gesonderte Vereinbarung über die Verwaltung von Kraftstoff oder Kreditgewährung vorliegen. Das Fahrzeug muss erkennbar im Namen und auf Rechnung des Tankkartenausstellers betankt werden und der Aussteller der Tankkarte darf von seinem Recht, die Betankung in seinem Namen und für seine Rechnung zu untersagen, keinen Gebrauch gemacht haben. Das Entgelt für den Vorgang muss auf jeder Lieferstufe zwischen den beteiligten Parteien gesondert vereinbart werden, wobei jeder sein eigenes Risiko des Zahlungsausfalls trägt. Leistungsstörungen müssen im jeweiligen Vertragsverhältnis geltend gemacht werden.

Ist eine der genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, ist nach Verwaltungsauffassung hingegen von einem Finanzierungsgeschäft auszugehen. Es erfolgt somit nur eine Kraftstofflieferung von der Mineralölgesellschaft an den Verwender der Tankkarte, wobei der Tankkartenaussteller den Kauf des Kraftstoffs lediglich vorfinanziert. Insbesondere eine Vereinbarung über die Verwaltung von Kraftstoff oder über eine Kreditgewährung, sowie das Betanken des Fahrzeugs in eigenem Namen des Tankkartenverwenders sprechen dafür.

Fazit

Zwar schafft das BMF-Schreiben vom 21. Januar 2025 zumindest innerhalb Deutschlands Rechtssicherheit bei der Ausgestaltung von Geschäften mit Tankkarten. Fraglich bleibt derweil, ob die Grundsätze auch auf die Beurteilung von Leistungsketten bei E-Ladeleistungen übertragen werden können.

Auch geht das BMF nicht auf die Ausführungen des MwSt.-Ausschusses der EU-Kommission (VAT Expert Group, VEG) zum EuGH-Urteil Vega International aus September 2023 ein. Für internationale Sachverhalte können die Leitlinien der VEG zu Tankkartenumsätzen zumindest einen Hinweis bieten, auch wenn diese nicht verbindlich sind. Danach kann eine Lieferkette nur dann angenommen werden, wenn das Tankkartensystem als Kommissionsgeschäft ausgestaltet ist. Da eine solche Voraussetzung in der deutschen Verwaltungspraxis indes nicht geprüft wird, empfiehlt sich hier eine genaue Betrachtung des Einzelfalls.